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Diango Hernández, Dancing Blue, 2021Pigmente und Acryl auf beschichteter Baumwolle, 200 x 298 cm

Courtesy der Künstler und Galerie Barbara Thumm, Berlin, Photo: Jens Ziehe

Diango Hernadéz „Instopia“, Galerie Barbara Thumm, 2021

Courtesy der Künstler und Galerie Barbara Thumm, Berlin

Photo: Jens Ziehe

Diango Hernandez

 

Instopia, die sechste Einzelausstellung von Diango Hernández in der Galerie, zeitgleich mit seiner Online-Ausstellung bei New Viewings, der experimen tellen Plattform für virtuelle Kunst, die von der Galerie Barbara  Thumm im März 2020 gegründet wurde. Konzipiert als ein utopischer Raum für künstlerischen Ausdruck hat New Viewings in seinem ersten Jahr über 70 Künstler in digitalen Einzelausstellungen gezeigt.

 

Als Gegenstück zu Instopia, der Ausstellung physischer Werke in der Galerie, wird New Viewings die digitalen Renderings der Kunstwerke von Diango Hernandez präsentieren – eine passende Zusammenarbeit, da das Konzept von New Viewings durch viele Gespräche zwischen Barbara Thumm und Diango Hernández inspiriert wurde. Die beiden zeitgleich stattfindenden Ausstellungen zeigen, wie das Digitale den analogen Bereich der Produktion erweitert und experimentelle künstlerische Strategien schafft, die über die bloße Frage hinausgehen, ob das Digitale das Analoge ersetzen wird.

Instopia ist eine radikale und zeitgemäße Schau für diesen Moment des Wandels, in dem die Grenzezwischen der virtuellen und der physischen Welt immer durchlässiger wird. Es ist die erste physische Manifestation von Instopia, Hernández‘ Instag ram-Kunstprojekt, das er 2015 begonnen hat und das er so erklärt:

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„Der Prozess beginnt damit, dass ich ein Bild von einem dieser luxuriösen Räume auf Instagram oder online finde. Dann entwerfe ich ein virtuelles Kunstwerk, es könnte ein Gemälde, ein Wandbild oder eine Skulptur sein, von dem ich denke, dass es in diesem speziellen, fotografierten Raum perfekt aussehen würde. Dann platziere ich mein Kunstwerk digital in das Bild des Raumes und poste dieses neue Bild auf meinem Instagram-Account. Das Werk wird erst dann zu Instopia, wenn es Sie glauben lässt, dass es ‚echt‘ ist.“

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Durch die Überschreitung konventioneller Vorstellungen von Urheberrecht und Privateigentum, die längst in den virtuellen Raum projiziert wurden, hat Instopia bei einigen Irritation hervorgerufen. Hernández‘ Absicht war es in der Tat, die umfassende Kolonialisierung des digitalen Raums in Frage zu stellen. Er glaubt, „dass die Transformation von Bildern und den Werten, die sie verkörpern, eine Möglichkeit ist, unsere Realität zu verändern, kulturell und sozial. Ich möchte, dass die Menschen nachdenk licher mit Bildernumgehen und ‚bessere‘ Bilder schaffen.“

 

In der Galerie Barbara Thumm stellt Hernández erstmals Gemälde und Skulpturen aus, die ihr Dasein als virtuelle Objekte innerhalb seiner Instopia begannen. Alle Arbeiten sind, zumindest teilweise, in Waves artikuliert, einer abstrakten Bildsprache aus wellenartigen Formen, die Hernández entwickelt hat, um Text grafisch darzustellen. Typischerweise verwendet er kurze Auszüge aus kubanischen Revolutionsschriften, eine Tatsache, die für den Betrachter obskur, aber für den Künstler symbolisch wichtig ist.

Seine funky, loopy, grafische und Retro-Serie „Large Waves“ ist eine spielerische Hommage an Roberto BurleMarx, dem brasilianischen modernistischen Landschaftsarchitekten, dessen ikoni-scher Entwurf von wogenden Wellen entlang der Promenade des Copacabana-Strandes ein utopisches Streben nach radikaler, sozialer Fluidität verkörperte.

Hernández‘ kaleidoskopische, halb-figurative Arbeiten scheinen dagegen auf die frühen, glücklichen Tage der Moderne und ihre freudigen Verhandlungen zwischen Abstraktion und Figuration zurückzublicken. Ein einzelner Vertreter aus seiner Bottles-Serie schließlich, in der die Sprache von ‚Waves‘ am deutlichsten ist, präsentiert sich als expansive visuelle Metapher für eine Flaschenpost, die ‚conditio sine qua non‘ verzweifelter, isolationsbedingter Formen der Kommunikation.

 

Hernández‘ Skulpturen wirken unterdessen wie topaktuelle Artefakte unserer hypervernetzten digitalen Inseln der Isolation. Hyperreal in Ausführung und Form, sind sie Besucher aus einem anderen Reich, in demMenschen bestenfalls vulgäre Touristen sind. Innerhalb der Logik von Instopia fungieren sie als Piratenflaggen, die die Souveränität der künstlerischen Vorstellungskraft bekräftigen, dort zu wandern, wo es ihr gefällt, Schwellen zu überschreiten und alle Territorien zu durchqueren, sich zu nehmen und zubenutzen, was sie will.

 

Für Hernández ist diese Freiheit seit jeher eine grundlegende Bedingung der Kreativität. Wenn er über die Übersetzung dieser spezifischen Werke und Formen vom Digitalen ins Physische spricht, sagt er: „Es bedeutet für mich, dass die Kunst über der Realität steht und natürlich auch über dem Eigentum. Kunst hat schon immer im Nicht-Physikalischen operiert, im Geist des Künstlers, in einem Raum, in dem es keine physikalischen Gesetze oder menschlichen Regeln gibt. Was viele als „Träumen“ bezeichnen, bedeutet für uns Künstler Realität. Diese Werke in die ‚Realität‘ zu bringen, bedeutet auch, sie in

eine Geschichte zu stellen, die wiederum eine Collage ist.“

 

Instopia stellt die Politik der Ontologie des virtuellen Raums in den Vordergrund, ein zunehmend dringendes Anliegen, da das Digitale und der physische Raum immer schneller miteinander verschmelzen.

 

Quelle Nick Hackworth, Galerie Barbara Thumm

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Isotopia

Galerie Barbara Thumm, Markgrafenstr. 1, 10169 Berlin 28.04.  bis 12.06. 2021
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