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Esfera amarilla, 1984, Jesus Rafael Soto @ Courtesy of Art Basel 2023

Lateinamerika in seiner Vielfalt und Widersprüchlichkeit
auf der Art Basel 2023.

Lichter, Farben, Gewalt und Flucht sind der rote Faden lateinamerikanischer künstlerischer Positionen, die den Alltag eines Kontinents widerspiegeln. Eine Reise zur Erkundung ihrer Werke.

 

Die Laufrunde durch die Kunst fing in Unlimited an, dem Raum für großformatige Kunstwerke wie Skulpturen, Videoprojektionen und Live-Performances. Schon auf den ersten Schritten fand ich das Gemälde des Venezolaners Alvaro Barrington; ein paar Meter weiter entdeckte eine Nische, die das Werk des Mexikaners Jorge Méndez Blake nach außen hin beleuchtete, und Minuten später erreichte ich die Grenze der Halle, wo die imposante Skulptur des Dominikaners Firelei Báez meine Augen überwältigte. Doch das war nicht alles. Auch drei von den Größen waren dort vertreten: Jesús Rafael Soto und Carlos Cruz-Diez aus Venezuela und der Kubaner Felix González Torres.

 

Die ersten drei Künstler spiegeln ihr Leben in ihrem Werk wider: Barrington ist das Kind von Wanderarbeitern aus Grenada und Haiti. Seine Werke basieren auf künstlerischen und kulturellen Referenzen wie Medien, Musik, Kunstgeschichte und Politik. Der Konzeptkünstler Blake baut Mauern und verknüpft deren Geschichte mit Literatur. Und Báez wuchs in Dajabón auf, einer Marktstadt an der Grenze der Dominikanischen Republik zu Haiti. Sie ist vielleicht eine der jungen Künstlerinnen, die am frischesten in Erinnerung ist. Im Jahr 2019 nahm sie an der 10. Berlin Biennale mit ihrem Werk We don‘t need another hero teil. Baéz errichtete vor der Akademie der Künste im Hansaviertel eine Nachbildung der klassizistischen Ruine von Sans Souci in Haiti. Mit dem Nachbau des karibischen Palais, welches gerade nicht das Schloss Sanssouci in Potsdam von Friedrich II. ist, sondern von König Henri Christoph, der als Sohn eines Sklaven geboren war, beleuchtete Baéz ein wichtiges Symbol für ein erwachendes schwarzes Selbstbewusstsein.

 

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the vast ocean of all possibilities (19°36'16.9"N 72°13'07.0"W / 41°30'32.3"N 81°36'41.7"W), 2022

Firelei Báez @ Courtesy of Art Basel 2023

Während die Nachwuchs Künstler in ihrem Werk den Geist unserer Zeit widerspiegeln, sind die älteren, etablierten Künstler von europäischen Einflüssen geprägt. Soto z.B. entwickelte ein starkes Interesse an der modernen Kunst und wurde in seinem frühen Schaffen von Paul Cézanne und dem Kubismus beeinflusst. In den 1960er Jahren verlagerte sich sein Fokus auf kinetische Strukturen und die Vibration von Metallen. Bei Cruz-Diez war die Farbe sein charakteristisches Merkmal und Hauptinteresse. Er studierte Grafik und Industriedesign und arbeitete als Illustrator und Werbefachmann, bevor er sich der freien Kunst zuwandte.

 

Der Raum, der für seine Arbeiten bei Unlimited reserviert war, bot dem Betrachter die Möglichkeit, mit Licht und Farbe zu experimentieren. Es war ein erfrischendes und spielerisches Projekt!

 

Es war eine Überraschung, dass drei Nacwuchs und drei etablierte lateinamerikanische Künstlerinnen und Künstler bei Unlimited so prominent vertreten waren!

 

Auch in den weiteren Sektoren der Art Basel gab es viel zu entdecken: Die repräsentativsten Galerien aus Lateinamerika waren Kurimanzutto, A Gentil Carioca, Continua, Labor, Mai 36, Mor Carpentier und Casas Riegner. Letztere präsentierten ein Programm, das ein kleines Universum von Künstlern umfasste, die man für die Zukunft im Auge behalten sollte: Débora Arango, Feliza Bursztyn, Beatriz González, Luz Lizarazo, Luis Roldán und Icaro Zorbar. Das sind eine Menge neuer Namen, aber sie alle sind einen Teil der zeitgenössischen Kunstgeschichte – und des Kunstmarktes – darstellen. Die Preise für die Werke dieser Künstlerinnen liegen zwischen 10.000 und 2 Millionen US-Dollar.

Der Kabinett-Sektor, der mit thematischen Ausstellungen bereits zum festen Programm der Messen Hongkong und Miami Beach gehört, gab sein Debut bei der Art Basel in Basel 2023 mit 13 durchdacht kuratierten Präsentationen von 14 Galerien.

Aber wenn schon auf der Hauptmesse der südamerikanische Kontinent deutlich zu spüren war, so war es auf der Liste Art Fair Basel nicht anders. Die internationale Entdeckermesse für zeitgenössische Kunst zeigte die Galerien Crisis aus Lima, Embajada aus San Juan, foro.space aus Bogotá, Lodos aus Mexico Stadt, Parallel aus Oaxaca, Peana aus Monterrey und Proyectos Ultravioleta aus Guatemala.

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Environnement Chromointerférent, Paris 1974/2018, Carlos Cruz-Diez
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Courtesy of Art Basel 2023

Die kolumbianische Künstlerin Doris Salcedo war in Basel auch im Stadtbild omnipräsent. Sie erschien auf Bannern, Plakaten, Flugblättern und allen Arten von Werbung. Ihre Ausstellung in der Fondation Beyeler war ein (aufwühlendes) Highlight! Ihr Werk Palimpsest ist eine Hommage an die Migranten und Flüchtlinge, die auf der Suche nach einem besseren Leben in Europa das Mittelmeer überqueren und dabei ertrinken.

Die Messe zog in einer Woche 82.000 Besucherinnen und Besucher an. Ein nicht unbeträchtliches Publikum, das auch die Möglichkeit hatte, die Kunst eines facettenreichen Lateinamerikas zu bewundern und sich mit ihr auseinanderzusetzen, nicht nur in ästhetischer, sondern auch in sozialer und politischer Hinsicht.

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